Defy The Laws Of Tradition, kurz Defy, sind fränkisches Metal-Urgestein! Die fünf Jungs aus Nürnberg waren neben unserer Phonoxshow schon bundesweit unterwegs. Zeit für ein Interview! Wir haben uns hierfür die Frontsau Nico herausgesucht:
1.Als erstes: Stell uns bitte einmal die Band vor, in drei, vier knackigen Sätzen.
Uff, naja, also: Wir sind Defy the Laws of Tradition, kommen aus dem heimelig-granteligen Nürnberg und spielen Metal – die exakte Schublade soll sich am besten jeder selber raussuchen, das ist uns zu anstrengend. Im Oktober 2021 feiern wir unser 15-jähriges Bestehen, sind also schon eine Weile unterwegs. Hab ich was vergessen? Öhm, ach ja: BBQ for Life!
2.Ich hab Euch damals in Königshofen auf dem Two Nights In Hell Festival mit SEVEN MILES OF GREEN gesehen, das war noch ziemlich am Anfang, und war geplättet. Seitdem habt Ihr ordentlich was runtergespielt. Aber...warum steht Ihr immer noch nicht auf den riesen Bühnen?
Ach du Scheiße, das ist echt schon ‘ne gute Weile her, krass... Was die Zahl der Shows angeht: Ich denke, da gibt’s genug Bands (also auch im Hobby/Semi-Pro-Bereich), die in kürzerer Zeit deutlich mehr Gigs gezockt haben. Wir hatten durchaus ein paar Highlights, an die wir uns bis heute echt gerne erinnern, und damit mein ich nicht mal ausschließlich diverse Support-Shows vor größerer Audienz. Gute Shows bleiben einem aus verschiedensten Gründen im Kopf. Das können geile Bands sein, mit den man nicht nur gezockt, sondern auch abseits der Stage eine Mordsgaudi hatte. Das kann an supercoolen Veranstaltern liegen, oder natürlich an einer tollen Crowd. Und eine Crowd ist nicht zwingend geil, nur weil sie groß ist. Persönlich würde ich lieber eine Show vor 100 oder 50 Leuten zocken, die wegen uns kommen, anstatt auf einer Bühne vor 500 zu stehen, die einen Fuck drauf geben, wer ihnen gerade ins Ohr plärrt, weil sie eigentlich nur den Headliner sehen wollen. Und zur oft gestellten Frage bzgl. Shows auf größerer Bühne: Frag doch nicht uns, sondern die Veranstalter und die Leute, die vor der Bühne stehen, um uns zu hören – oder eben auch nicht. ^^
Aber zugegeben: Wir waren nie besonders gut in Sachen Eigenpromotion. Gutes Marketing ist nicht leicht, vor allem wenn man nicht den Drang hat, sich übermäßig selbst in Szene zu setzen – gerade in Zeiten von Social Media nicht die beste Voraussetzung. Dazu kommt, dass wir eigentlich nie irgendwelchen Trends hinterherrennen wollten, in welcher Form auch immer. Unser Fokus lag da von jeher klar auf dem musikalischen Aspekt. Und unsere Regel #1 war und ist noch heute: Wir schreiben, bis WIR mit unserem Material zufrieden sind, und dann sehen wir schon, wer da draußen es am Ende genauso sieht bzw. hört.
Ein ganz, ganz wichtiger Faktor ist aber natürlich auch: Wir sind halt auch null sexy, der Bonus fällt also auch weg! :p
Aber im Ernst: Klar wäre es schön, öfter auf größeren Bühnen zu zocken, allerdings sind wir auch realistisch genug zu wissen, dass es – um die Chancen darauf wieder zu erhöhen – auch endlich mal neues Material von unserer Seite bräuchte, um das Interesse der Leute wieder zu wecken (oder eben nicht ^^).
Davon abgesehen, dass es um Live-Konzerte derzeit eh besch...en steht, würde ich als Veranstalter bei der Wahl von bspw. Support-Bands wahrscheinlich selbst erstmal in Richtung neuer Talente schielen, bevor ich zum x-ten Mal die Nürnberger Dinos auf die Bühne stelle. Frische Combos genießen in der Regel noch den Support ihrer Homies, und darum geht’s dem Veranstalter ja: neue und vor allem viele Leute in die Location zu ziehen. Simple math, I guess.
3.Wo siehst Du die Band in zehn Jahren?
Idealerweise eineinhalb Jahre entfernt vom 25. Jubiläum! :) Aber im Ernst: Wenn’s nach mir geht, dann da, wo wir jetzt auch sind, idealerweise aber mit vier anstatt nur zweier Alben! Aktuell wäre unser Wunsch natürlich den 15er mit dem Release einer dritten Scheibe zu kombinieren, das wär Bombe. Wir sind derzeit auch tatsächlich verstärkt wieder am Arbeiten, das ja, aber ob am Ende alles so klappt, wie wir’s gerne hätten, sehen wir eben erst dann, wenn’s soweit ist. Ich denke das größte Problem ist zu großen Teilen Selbstdisziplin. Sobald wir uns die Zeit nehmen, mal für ein paar Tage oder wenigstens Stunden am Stück fokussiert zu jammen und zu schreiben, dann kommt in der Regel auch immer was echt Brauchbares dabei raus, das es wert ist, weiterverfolgt zu werden. Oft haben wir die Zeit aber nicht, schon gar nicht im kompletten Quintett, und wenn die Zeit dann mal da ist, möchte man vielleicht auch einfach mal nichts tun. Oder die Zeit reicht gerade aus, um wenigstens für eine anstehende Show zu proben. Und so beschissen die derzeitige Situation auch ist, vielleicht sorgt das ganze Social Distancing am Ende wenigstens dafür, dass wir – sobald wieder möglich – deutlich mehr raus und schaffen wollen. Sicher könnten wir einiges remote machen, aber mal ganz ehrlich: Musik schreiben und machen ist wie Bier trinken – es macht erst richtig Spaß, wenn man dabei in guter Gesellschaft ist, und (zumindest für mich persönlich) ist Skype/Zoom/Discord/younameit dafür kein langfristiger Ersatz.
In Sachen Größe – da machen wir uns aber alle nichts vor – wird sich nichts gravierend ändern. Und wenn’s nach mir geht, dann ist das auch absolut in Ordnung, denn wir alle stehen inzwischen fest in einem Leben, das wahrscheinlich kein klardenkender Mensch mehr gegen eines ‚on the road‘ eintauschen würde, allein aus finazieller Sicht. DTLOT ist für uns alle eine geiles Hobby, top um sich zwischendurch mal wieder die Seele freizuspielen, ein paar Flaschen Bier abzustauben, neue Leute kennenzulernen und alte Bekannte wiederzutreffen. Das bedeutet im Umkehrschluss keinesfalls, dass wir larifari auf die Bühne gehen, ganz im Gegenteil: Sobald das Intro läuft, ist für die nächsten 45-60 Minuten Schluss mit lustig – nur die Rockstar-Träumchen haben wir schon vor zig Jahren aufgehört zu träumen, und damit lebt sich’s außerordentlich entspannt. Zugegeben, als wir damals unsere zweite Platte released hatten, waren wir schon sehr motiviert und stolz auf das, was wir geschaffen haben, und wir hatten durchaus erwartet, dass sich uns ein paar neue Türen öffnen würden. Stolz sind wir immer noch, keine Frage, allerdings haben offenbar genug andere unsere Euphorie nicht geteilt, ansonsten hättest du uns die Frage bzgl. der größeren Bühnen ja nicht stellen müssen. :) :)
4.Was sind Eure Einflüsse?
Am ehesten trifft’s wahrscheinlich „Killswitch Engage & Pantera meets Lamb of God, garniert mit einer Prise Every Time I“. Darf ruhig ein wenig dreckig sein, aber generell ist es uns sehr wichtig, nicht (immer!!) einfach nur durchzuballern, sondern auch viel mit Melodie zu spielen und hier und da mal ein paar vertrackte Rhythmen einzustreuen.
Weiter ausgeholt aber ist das eine der Fragen, die für mich persönlich immer sauschwer zu beantworten waren und noch sind. Damals wie heute, und je nach aktueller Besetzung, ist der Proberaum ein Melting Pot unterschiedlichster Geschmäcker und Einflüsse. Und Einflüsse auf einige wenige Bands runterzubrechen (und darauf läuft’s dann ja in der Regel raus), ist meist auch ein wenig Quatsch, also zumindest in unserem Fall. Privat, also gerade bei der Arbeit, höre ich seit einigen Jahren primär Game-Soundtracks, phasenweise viel Peripherie, letztens erst einiges von dem Akkustik-Zeug von Asking Alexandria, und zwischendrin läuft von Roxette über Goo Goo Dolls und Alligatoah bis Architects und Bury Tomorrow alles Mögliche. Und dem Rest der Truppe geht’s sicher vergleichbar, wenn auch mit komplett anderer Mukke. Was von all diesen Einflüssen am Ende tatsächlich in der eigenen Musik landet? Kein Plan, um ehrlich zu sein. Wir haben uns da auch nie wirklich groß Gedanken drüber gemacht, schon allein deswegen, da wir nie versucht haben absichtlich wie eine der Bands zu klingen, auf die wir stehen. Wenn’s passiert – und das passiert ja zwangsweise, bei all der verschiedenen Musik da draußen –, dann wirklich unterbewusst.
5.Was hälst du gerade von der regionalen Szene? Hat sich da was verändert in den letzten Jahren?
Die Szene hat sich, zumindest musikalisch, sicherlich geändert, das ist ja auch normal. Die Probleme mit denen jede Band in ihrer Laufbahn zu kämpfen hat, die bleiben aber im Kern dieselben. Viele, viele Combos, die Nürnberg über die letzten Jahre hervorgebracht hat, hatten mächtig Potenzial, waren aber leider sehr kurzlebig. Und da fängt’s schon an: Als Band Musik zu schreiben ist wichtig und schön, live spielen ebenso. Aber gerade dann, wenn man nicht professionell unterwegs ist und mit Musik sein Geld verdient, wenn die Band Hobby und kein existenzielles Gewerbe ist und man mit seinen Mitmusikern nicht in einer geschäftlichen Partnerschaft steht, dann ist der freundschaftliche Aspekt ein noch viel wichtigerer. Wer bei mitunter kleinsten Lappalien die Flinte ins Korn wirft, anstatt gemeinsam nach Wegen zu suchen, solche Herausforderungen zu überwinden, der verschwindet eben auch schnell wieder von der Bildfläche – da kann der musikalische Aspekt noch so geil sein. Wer sich aber zusammenrauft, der bleibt, zumindest länger, und findet mit seiner Musik dann vielleicht auch irgendwann mal Gehör. Ein gemeinsames Überwinden derartiger Widrigkeiten formt auch die Band als solche, und damit die Musik die man schreibt, wie man sie präsentiert und wie man sie zelebriert. Schaut euch doch die ganzen großen Nummern heutzutage an, und wie lange die mitunter unterwegs waren, bis sich irgendwer mal für sie interessiert und plötzlich einen Hype losgetreten hat. Die „Jungs“ von Lamb of God waren gefühlt schon kurz vor der Rente, bis sie mit ihrem Album „Sacrament“ vor knapp 15 Jahren plötzlich voll durchgestartet sind, und das war die wievielte Scheibe? Dritte? Vierte?
Ich behaupte mal, wir machen unseren Job als Band nicht allzu scheiße, wir waren aber – Fakt – auch mal deutlich besser. Es gab und gibt genug Bands allein hier im Umkreis, die uns spielerisch an die Wand fahren (hätten) können, aber warum auch immer nicht mehr existieren. Aber wir haben uns über die Jahre in vielen Momenten halt immer wieder durchgebissen, in denen andere aufgegeben haben – darum sind wir noch da und andere nicht. Die nicht-existenten Tonnen an neuem Material können ja nicht der Grund sein. :)
In Sachen regionale Bands haben wir einige Topleute hier in Nürnberg und der Umgebung, und meines Erachtens bekommen viele davon ebenfalls nicht die Aufmerksamkeit, die sie wohl verdienen. Eben erst den neuen Clip von TORRENTIAL RAIN gesehen, und fuck: Das neue Zeug ballert gut! Krasse Truppe, die hoffentlich die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient!
6.Wie wichtig ist für Dich/Euch Social Media?
Ich persönlich bin auf Facebook, Instagram und beruflich auf LinkedIn vertreten. Wenn ich was poste, dann entweder kurze, aber eher seltene Rants über irgendwelche Games, ansonsten versuch ich eigentlich nur Dinge zu veröffentlichen, um Leute zum Schmunzeln zu bringen. Gerade Facebook ist für mich eine gute und schnelle Möglichkeit mit vielen liebgewonnenen Leuten überall auf der Welt vernetzt zu sein und in Kontakt zu bleiben.
Was Defy betrifft, ganz rational und fernab persönlicher Meinung: Wir müssten deutlich mehr machen, und zugegeben – wenn wir zu oder auf Shows unterwegs sind, dann macht’s in der Regel auch Spaß, ein paar Bilder zu posten und mit depperten Punchlines zu garnieren. Vernünftige Self Promotion – wie eingangs schon erwähnt – ist aber irgendwie echt nicht unser Steckenpferd.
7.Kurzer Fragenhagel:
- Scooter oder Silbereisen?
Beide scheiße, aber wenn ich wählen müsste: Scooter. Ich denk, der Hans-Peter ist ein ganz solider Bruder. ^^
- Bauch, Rücken oder Seitenschläfer?
Kommt auf die Laune und/oder den Pegel an. Primär aber Bauch/Seite.
- Singst du unter der Dusche, und was?
Nee. Eher beim Kacken. Was, das kommt auf die Stimmung an. Die wechselt je nach Konsistenz.
- Apple oder Android?
Android
- Bier oder Wein?
Bier
8.Okay, Butter bei die Fische, was dürfen wir demnächst von Euch erwarten?
Auch wenn’s schon langsam ein Running Gag wird: Wir schreiben, definitiv verstärkter als die paar Jahre vorher. Wir sind selber alle heiß drauf, endlich mal neues Zeug auf die Beine zu stellen. Nicht nur, um unseren Zuhörern endlich Abwechslung zu verschaffen, sondern weil wir das für uns selber brauchen. Über die Jahre ist viel passiert, wir sind alle älter und bodenständiger geworden. Das spiegelt sich natürlich auch in der Art und Weise Musik zu schreiben wieder, und auch darin wie wir (auf der Bühne) auftreten. Ich denke, mit fortschreitendem Alter beginnt man auch weniger Fucks auf viele Dinge zu geben. Das könnte sich auf’s Songwriting durchaus interessant auswirken!
Unser Wunsch wäre, wie bereits erwähnt, zum 15-jährigen Jubiläum was Neues releasen zu können. Mal schaun ob’s klappt – ich fänd’s geil, und das, was wir bisher so ansammeln konnten, macht schon richtig Bock auf mehr.
Nun Gut….Somit bedanke ich mich Bei Dir für Deine aufgebrachte Zeit und die wirklich sehr ausführlichen Antworten! Bleibt nur noch eine Frage: Was wolltest Du schon immer mal loswerden?
So beschissen die Situation gerade ist, wär’s doch ganz nett etwas leiser zu heulen. Während gerade Leute im medizinischen Bereich derzeit tagtäglich an der Front und andere mit echten Existenzproblemen kämpfen, ist das augenscheinlich größte Problem für viele von uns, dass Netflix die Quali drosselt... tough shit...
Ich denke wir alle können von Glück reden, dass alle Generationen nach der unserer Großeltern (zu einem Großteil nicht mal mehr die) in einem Umfeld aufgewachsen sind, in dem sie von echten Kriegen und Krisen verschont geblieben sind. Den meisten kann man es nicht einmal wirklich übelnehmen, dass sie mit einer Situation wie der aktuellen nicht umgehen können – bisher hatte man halt mit Bahnverspätungen, langsamem Internet oder der Wahl zwischen dem neuesten oder doch dem vorletzten iPhone zu kämpfen. Echte Probleme halt. Ich kann und will mich nicht beschweren: Ich hab arbeite seit fast zwei Jahren im Home Office und bin daran gewöhnt. Ich hab keine Frau/Freundin und/oder Kinder, die ich bespaßen oder „home schoolen“ müsste. Und als Zocker durch und durch hab ich auch nicht wirklich Probleme, mir die Zeit zu vertreiben. Das heißt natürlich nicht, dass die aktuelle Situation spurlos an mir vorbei geht, aber im Vergleich zu anderen hab ich absolut kein Recht mich aufzuregen.
Und ich versuch positiv zu bleiben, und mich an mein eigenes Credo zu halten: Es bringt nichts über Probleme zu lamentieren. Stattdessen sollten wir die Zeit und Energie nutzen, um Lösungen zu finden. Wenn wir uns alle ein wenig am Riemen reißen, dann kommen wir nicht nur durch die momentane Situation, sondern tun das im Idealfall sogar gestärkt und mit der Erkenntnis, dass wir an einigen Stellschrauben zu drehen haben. Uns allen wird derzeit schmerzlich vor Augen geführt, an welchen Stellen die letzten Jahre – politisch, wirtschaftlich und auch gesellschaftlich – ganz vieles schiefgelaufen ist. Jetzt sind wir dazu gezwungen aus unseren Routinen auszubrechen und uns an die momentanen Umstände anzupassen. Das kann in vielerlei Hinsicht ein echter „Game Changer“ sein, sofern wir’s denn richtig angehen und nicht bei der erstbesten Gelegenheit wieder stumpf dahin zurückkehren, alles so weiter zu treiben, wie wir es bisher getan haben.
Daher: Arschbacken zusammenkneifen, verantwortungsbewusst miteinander umgehen, und wenn wir das hinbekommen, dann sehen wir uns mit Sicherheit auch bald wieder live. :)